Direktwerbung ist für Unternehmen ein wichtiges Instrument der Kundenbindung und der Neukundengewinnung. So wichtig Direktwerbung für Unternehmen also ist, so lästig kann dies für Verbraucher sein. Entsprechend geht der Gesetzgeber in § 7 Abs. 2 UWG davon aus, dass die Kontaktaufnahme von (potentiellen) Kunden über bestimmte Werbekanäle, ohne vorherige Einwilligung stets als unzumutbare Belästigung anzusehen ist. Das gilt nach § 7 Abs. 2 Nr. 1 UWG für Telefonanrufe und nach § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG auch für elektronische Post, worunter insbesondere E-Mail, SMS oder Messenger zu verstehen sind. Hinsichtlich der Werbung mittels elektronischer Post kennt § 7 Abs. 3 UWG sodann eine Ausnahme vom Erfordernis einer Einwilligung. Erforderlich ist hierbei, dass sämtliche Anforderungen der Nummern 1 bis 4 kumulativ vorliegen. Da der Wortlaut von § 7 Abs. 3 UWG ausdrücklich nur von Werbung mittels elektronischer Post spricht, ist die Ausnahmevorschrift auf Werbeanrufe gerade nicht anwendbar. Hier bleibt es dabei, dass das werbende Unternehmen eine vorherige Einwilligung des Verbrauchers benötigt. Diese Einwilligung muss das werbende Unternehmen im Streitfall auch nachweisen können. Mit der Frage des richtigen Nachweises musste sich nun das OLG Nürnberg (Urt. v. 24.10.2023 - 3 U 965/23) befassen. 

Der Sachverhalt vor dem OLG Nürnberg (3 U 965/23)

Hintergrund der Entscheidung war eine Vertragsbeziehung zwischen einer Verbraucherin und einer Vermittlerin von Versicherungen (Beklagte). Die Verbraucherin hatte zudem einen selbständigen Versicherungsmakler (Kläger) engagiert. Die Verbraucherin hatte der Beklagten zunächst eine Einwilligung erteilt, die es der Beklagten erlaubte, die Verbraucherin werblich (per Telefon und E-Mail) anzusprechen. Am 18.10.2022 hatte die Verbraucherin diese Einwilligung jedoch per E-Mail widerrufen. Trotz dieses Widerrufs kontaktierte eine Mitarbeiterin der Beklagten die Verbraucherin telefonisch im November 2022 und wollte mit ihr einen Termin wegen des Themas Beitragsfreistellung der Riesterrente vereinbaren. In der Folge kam es erneut zu einem Telefonat zwischen dieser Mitarbeiterin und der Verbraucherin.  Der Kläger mahnte die Beklagte daraufhin ab, weil er der Auffassung war, dass die Kontaktaufnahme gegen § 7 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 UWG verstoße, weil die Verbraucherin in die Anrufe zuvor nicht eingewilligt hätte. Nachdem die Beklagte die geforderte Unterlassungserklärung nicht abgegeben hatte, beantragte der Kläger beim Landgericht Regensburg (3 HK O 72/23) den Erlass einer einstweiligen Verfügung. Am 18.01.2023 hatte das Landgericht die beantragte einstweilige Verfügung erlassen und die Beklagte zur Unterlassung verurteilt. Gegen die Beschlussverfügung legte die Beklagte Widerspruch ein und das Landgericht hob im Widerspruchsverfahren die einstweilige Verfügung auf und wies den Antrag des Klägers zurück. Hiergegen legte der Kläger Berufung beim OLG Nürnberg ein.

 

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Was hat das OLG Nürnberg (3 U 965/23) zur Beweislast bei Werbeeinwilligungen entschieden?

Das OLG Nürnberg (Urt. v. 24.10.2023 - 3 U 965/23) gab der Berufung statt und verurteilte die Beklagte wiederum zur Unterlassung. Der Unterlassungsanspruch ergab sich dabei aus § 7 Abs. 2 Nr. 1 UWG, denn nach der Überzeugung des Senats konnte die Beklagte das Vorliegen einer wirksamen Einwilligung in die Telefonanrufe nicht hinreichend glaubhaft machen. Dabei stellte das OLG Nürnberg zunächst fest, dass es sich bei den Telefonanrufen auch um "Werbung" im Sinne von § 7 Abs. 2 Nr. 1 UWG handelte (Hervorhebung nicht im Original):

Ein Werbeanruf gegenüber einem Verbraucher ist bei den unstreitig im November 2022 und am 08.12.2022 erfolgten Anrufen jeweils zu bejahen. Dazu genügt es, wenn im Rahmen eines bestehenden Vertragsverhältnisses die Fortsetzung oder Erweiterung der Vertragsbeziehung (vgl. BGH GRUR 1995, 220 – Telefonwerbung V; OLG Frankfurt GRUR-RR 2013, 74 (75)) angestrebt wird; ferner, wenn ein Kunde abgeworben oder ein abgesprungener Kunde zur Wiederaufnahme der Geschäftsbeziehung bestimmt werden soll (und sei es auch nur durch Befragen nach den Gründen seines Wechsels; vgl. BGH GRUR 1994, 380 (382) – Lexikothek) oder ein Kunde von der Ausübung eines Vertragsauflösungsrechts (Widerruf, Rücktritt, Kündigung, Anfechtung) abgehalten oder abgebracht werden soll (Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, 41. Aufl. 2023, UWG § 7 Rn. 151).

Nachdem das OLG Nürnberg das Vorliegen eines Werbeanrufs bejaht hatte, musste es feststellen, ob die Beklagte das Vorliegen einer wirksamen Einwilligung glaubhaft machen konnte. Das hat der Senat im Ergebnis mit der nachfolgenden Begründung verneint:

Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen einer Einwilligung trägt der Werbende (BGH GRUR 2004, 517 (519) – E-Mail-Werbung I; BGH WRP 2013, 1579 Rn. 24 – Empfehlungs-E-Mail), im vorliegenden Fall somit die Verfügungsbeklagte. Wer mit einem Telefonanruf gegenüber einem Verbraucher wirbt, hat nach § 7a UWG ab dem 01.10.2021 sogar dessen vorherige ausdrückliche Einwilligung in angemessener Form zu dokumentieren und gemäß § 7a Abs. 2 S. 1 UWG aufzubewahren. 

Hinsichtlich des Anrufs Anfang November 2022 behauptet die Verfügungsbeklagte eine Einwilligung nicht. Vielmehr ist unstreitig, dass Frau B. gegenüber der Verfügungsbeklagten – nachdem sie die Riesterrente im Oktober 2022 beitragsfrei stellte – am 18.10.2022 per E-Mail (Anlage ASt 6) eine etwaig von ihr erteilte Einwilligung zur Kontaktaufnahme widerrief, was der Verfügungsbeklagten auch zuging (Anlage ASt 7). Auf die Anfrage der Verfügungsbeklagten vom 31.10.2022 zur Vereinbarung eines Termins (Anlage AG 1) reagierte Frau B. nicht.

In Bezug auf den zweiten Anruf vom 08.12.2022 steht eine Einwilligung von Frau B. zwischen den Parteien im Streit. Während die Verfügungsbeklagte durch eidesstattliche Versicherung von Frau N. (Anlage AG 3) glaubhaft machte, dass Frau B. beim ersten Anruf im November ihr mitgeteilt habe, dass sie sich im Augenblick des Telefonats in der Arbeit befinde und deshalb um einen weiteren Anruf „in den nächsten Tagen“ bat, machte der Verfügungskläger durch eidesstattliche Versicherung von Frau B. (Anlage ASt 8) glaubhaft, dass ein derartiger Wunsch von ihr nicht geäußert worden sei. Vielmehr habe sie in diesem Telefonat mitgeteilt, dass sie – wie beim letzten Telefonat bereits erwähnt – kein Interesse an einem Termin habe und jetzt nur ran gegangen sei, um nochmal klar zu kommunizieren, dass die Verfügungsbeklagte aufhören solle, sie zu kontaktieren. Aufgrund der sich widersprechenden eidesstattlichen Versicherungen bleibt die Verfügungsklägerin für eine Einwilligung glaubhaftmachungsbelastet, zumal eine hinreichende Dokumentation i.S.v. § 7a UWG von ihr nicht behauptet wird.

Auswirkungen auf die Praxis

Die Beklagte konnte das Vorliegen einer wirksamen Einwilligung nicht glaubhaft machen. Zwar legte sie hierfür eine eidesstattliche Versicherung vor, die für sich gesehen geeignet wäre, das Vorliegen einer Einwilligung - zumindest im einstweiligen Verfügungsverfahren - glaubhaft zu machen. Nachdem aber auch der Kläger für die gegenteilige Behauptung eine eidesstattliche Versicherung der angerufenen Verbraucherin vorgelegt hatte, hätte die Beklagte weitere Glaubhaftmachungsmittel vorlegen müssen, um das Bestehen einer wirksamen Einwilligung glaubhaft machen zu können. Insbesondere verwies der Senat auf den fehlenden Vortrag zur Einhaltung der neuen Dokumentationspflicht aus § 7a UWG. § 7a UWG statuiert dabei die Verpflichtung, zum Zeitpunkt der Einholung einer Einwilligung diese in angemessener Form zu dokumentieren. 

 Die Bundesnetzagentur hat zur Umsetzung der Dokumentationspflicht einen eigenen Leitfaden bzw. Auslegungshinweise veröffentlicht. Diesen Leitfaden kann man hier online abrufen: "Nachweis von Telefon-Werbeeinwilligungen"

Gegenstand der Dokumentation ist dabei die vorherige ausdrückliche Einwilligung des konkreten Verbrauchers, den man werbliche anrufen möchte. Dabei muss die zu dokumentierende Einwilligung mindestens folgende Inhalte haben:

  • Person (Vor- und Nachname) des Einwilligenden
  • Werbemedium, insbesondere Telefon
  • begünstigte Unternehmen (wer darf die Person werblich ansprechen)
  • Produkte/Dienstleistungen (was soll Gegenstand der Werbung sein)

Zu dokumentieren ist aber auch ganz konkret, wer die Einwilligung eingeholt hat. Für die Art und Weise der Dokumentation sieht § 7a UWG keine konkrete Form vor, sondern verlangt nur, dass diese angemessen ist. Das ergibt sich aus dem Umstand, dass eine Einwilligung auch mündlich erteilt werden kann, sodass die Dokumentation bspw. in der Form einer Tonaufzeichnung erfolgen kann. Dies setzt allerdings die vorherige Einwilligung in die Tonaufzeichnung voraus. Willigt der Verbraucher in diese Tonaufzeichnung nicht ein, so muss nach der Bundesnetzagentur die Dokumentation auf eine andere Weise erfolgen. Kritisch äußert sich die Bundesnetzagentur dabei zur Anfertigung eines Gesprächsprotokolls:

Das Festhalten einer telefonisch erteilten Einwilligung durch Anfertigung eines bloßen Vermerks genügt nicht zur Erfüllung der Dokumentationspflicht. Dies gilt allein schon aus dem Grund, dass ein solcher Vermerk aus sich heraus keinerlei Gewähr für seine Richtigkeit bietet, äußerst fehleranfällig ist und zudem gänzlich ohne Mitwirkung des Verbrauchers angefertigt werden kann.  

An diese Auffassung der Bundesnetzagentur sind Gerichte im Streitfall jedoch nicht gebunden (so auch Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler UWG § 7a Rn. 6), sodass ein Gericht die Anfertigung eines solchen Gesprächsprotokolls in Verbindung mit einer eidestattlichen Versicherung der Person, welche die Einwilligung eingeholt und dokumentiert hat, dies als ausreichende Dokumentation im Sinne von § 7a UWG ansehen könnte. Um die Beteiligung des Verbrauchers - wie von der Bundesnetzagentur vorgesehen - zu ermöglichen, kann eine Bestätigung des Verbrauchers hinsichtlich der Inhalte des Protokolls eingefordert werden. Eine solche unzweifelhafte Bestätigung würde im Falle von sich widersprechenden eidesstattlichen Versicherungen auch das Pendel wieder eher in Richtung des werbenden Unternehmens ausschlagen lassen. Denn bestätigt der Verbraucher zunächst die von ihm erteilte Einwilligung und gibt in einem Folgeprozess dann aber eine eidesstattliche Versicherung ab, die das Gegenteil behauptet, kann das erkennende Gericht nicht ohne Weiteres davon ausgehen, dass der Inhalt der abgegebenen eidesstattlichen Versicherung zutreffend ist. 

Die Entscheidung des OLG Nürnberg zeigt daher noch einmal anschaulich, wie wichtig eine lückenlose und in sich konsistente Dokumentation einer eingeholten Werbeeinwilligung ist. Nur die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung reicht dann nicht mehr aus, wenn die angerufene Person ebenfalls eine solche Erklärung abgibt und das genaue Gegenteil eidesstattlich versichert. 

 

 

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