In einer Entscheidung vom 20.1.2022 hat das OLG Celle (13 U 84/19) die Social Media Plattform Facebook im Ergebnis zur Freischaltung eines zu Unrecht gesperrten Social Media Accounts verurteilt.

Facebook könne sich – vor dem Hintergrund der Entscheidungen des BGH – nicht auf seine Nutzungsbedingungen berufen, da diese hinsichtlich des dort beschriebenen Sperrvorbehalts und des dazugehörigen Verfahrens unwirksam seien.

 

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Unsere Leistungen bei unberechtigten Sperren von Social Media Accounts:

  • Prüfung und Beratung, ob und wie gegen die Sperrung Ihres Accounts vorgegangen werden kann
  • Außergerichtliches Vorgehen gegen den Plattformbetreiber
  • Gerichtliche Durchsetzung Ihrer Ansprüche gegen den Plattformbetreiber

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Anforderungen an eine zulässige Sperre eines Social Media Accounts

So führte der Senat zur fehlenden Berechtigung von Facebook zur Löschung von Beiträgen des Klägers wörtlich aus:

„[…] Die Beklagte hat durch die vorgenommene Löschung der Posts ihre vertraglichen Pflichten aus dem Nutzungsvertrag verletzt. Sie war zur Löschung der Beiträge nicht berechtigt.

Es besteht kein Recht der Beklagten zur Löschung der streitgegenständlichen Beiträge des Klägers gemäß Nr. 3.2 der Nutzungsbedingungen i.V.m. Teil III Nr. 12 der Gemeinschaftsstandards. Denn der dort bestimmte Entfernungsvorbehalt ist gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam (BGH, Urteil vom 29. Juli 2021 - III ZR 179/20, Rn. 30, 51 ff.). Der Senat folgt der Beurteilung des Bundesgerichtshofs in der vorgenannten Entscheidung.

Die Beklagte war auch nicht deshalb zur Entfernung der Beiträge des Klägers berechtigt, weil diese einen strafbaren Inhalt enthielten.

Zwar ist die Beklagte gehalten, unverzüglich tätig zu werden, um strafbare Inhalte in ihrem sozialen Netzwerk zu entfernen oder zu sperren, sobald sie Kenntnis von Tatsachen oder Umständen erlangt hat, aus denen die Rechtswidrigkeit der Beiträge offensichtlich wird (BGH, aaO, Rn. 98).

Eine Strafbarkeit der streitgegenständlichen Beiträge ist jedoch nicht gegeben und wird von der Beklagten auch nicht geltend gemacht.

Ein Recht zur Löschung der Beiträge ergibt sich auch nicht aus dem sonstigen Vertragsrecht. Es kommt insbesondere nicht in Betracht, im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung an Stelle der unwirksamen AGB-Klausel ein grundrechtskonformes Löschungsrecht zu setzen.

Dabei kann dahingestellt bleiben, ob eine ergänzende Vertragsauslegung bei Verbraucherverträgen - im Anwendungsbereich der Klauselrichtlinie - überhaupt erfolgen darf (dagegen: BeckOK BGB/H. Schmidt, 59. Ed. 1.8.2021, § 306 Rn. 10). Denn jedenfalls kommt bei unwirksamen AGB eine ergänzende Vertragsauslegung - bei Fehlen gesetzlicher Vorschriften, die an die Stelle der unwirksamen Klausel treten (§ 306 Abs. 2 BGB) - nur ganz ausnahmsweise in Betracht, nämlich wenn die ersatzlose Streichung der Klausel zu einem Ergebnis führt, das den beiderseitigen Interessen nicht mehr in vertretbarer Weise Rechnung trägt, sondern das Vertragsgefüge völlig einseitig zugunsten des Vertragspartners des Verwenders verschieben würde, so dass diesem ein Festhalten an dem lückenhaften Vertrag nicht zuzumuten wäre (BGH, Urteil vom 15. Februar 2019 - V ZR 77/18, Rn. 18).

Davon kann im Streitfall keine Rede sein. Die Beklagte kann weiterhin strafbare Nutzerbeiträge löschen (s.o.). Im Fall von Beiträgen, die lediglich gegen ihre Gemeinschaftsstandards verstoßen, kann sie den Nutzer außergerichtlich zur Löschung auffordern und ihn gegebenenfalls gerichtlich auf Löschung in Anspruch nehmen. Bei beharrlichen, schweren Verstößen kann sie auch den Nutzungsvertrag kündigen (§ 314, § 626 BGB).

Soweit die Beklagte in einem Parallelverfahren auf eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs zur ergänzenden Vertragsauslegung bei einer unwirksamen Zinsänderungsklausel eines Sparvertrages verwiesen hat (BGH, Urteil vom 06. Oktober 2021 - XI ZR 234/20), führt dies nicht zu einer anderen Beurteilung. Die Lücke, die dort durch die unwirksame Zinsänderungsklausel - bei gleichzeitiger Wirksamkeit der Vereinbarung über die Variabilität der Zinshöhe - entstanden ist, musste zur Durchführung des Sparvertrags zwingend durch eine ergänzende Vertragsauslegung geschlossen werden (aaO Rn. 41). Eine vergleichbare Sachlage besteht im Streitfall nicht, weil der Nutzungsvertrag ohne weiteres auch ohne die unwirksamen Regelungen zur Löschung und Sperrung durchführbar ist.“

Sperre des Social Media Accounts ohne Anhörung unzulässig

Aus den gleichen Gründen war Facebook auch nicht berechtigt, den Social Media Account des Klägers zu sperren. Entsprechend stand dem Kläger ein vertraglicher Unterlassungsanspruch aus § 280 Abs. 1 BGB zu.

„[…] Dasselbe gilt für die Sperrungen des Nutzerkontos des Klägers. Auch insofern war die Beklagte infolge der Unwirksamkeit des Entfernungs- und Sperrungsvorbehalts in Nr. 3.2 der Nutzungsbedingungen zu der von ihr ergriffenen Maßnahme nicht berechtigt (BGH, aaO, Rn. 101).
Ein vertraglicher Unterlassungsanspruch folgt jedenfalls dann aus § 280 Abs. 1 BGB, wenn die Beklagte bereits einmal ihre Pflichten aus dem - fortbestehenden - Vertragsverhältnis verletzt hat und die Vertragsverletzung - in Gestalt der Entfernung des Beitrags des Klägers - teilweise noch andauert (BGH, aaO, Rn. 102).

Für das Vorliegen einer Wiederholungsgefahr (vgl. zum Erfordernis: BGH, aaO, Rn. 103) spricht aufgrund der bereits begangenen Pflichtverletzungen der Beklagten eine tatsächliche Vermutung. Anhaltspunkte für eine Widerlegung der Vermutung sind weder vorgetragen noch ersichtlich.“

Anspruch auf Freischaltung eines unzulässig gesperrten Social Media Accounts

Die Entscheidung des OLG Celle stärkt die Rechte von Social Media Nutzern gegenüber Social Media Plattformen wie Facebook, Twitter, Instagram oder TikTok. Zwar sind die Plattformbetreiber berechtigt, über Nutzungsbedingungen Regeln aufzustellen, welche Inhalte zugelassen sind und bei einem Verstoß gegen diese Regeln auch Konsequenzen zu ziehen. Um die Interessen beider Seiten jedoch in einen schonenden Ausgleich zu bringen, müssen die Nutzungsbedingungen im Regelfall vorsehen, dass vor einer (endgültigen) Sperre des Social Media Accounts der Nutzer angehört werden muss. Ihm muss die Möglichkeit zur Stellungnahme gegeben werden, mit der Folge, dass der Plattformbetreiber dann erneut über eine Sperre des Social Media Accounts entscheiden muss.

Wird ein Social Media Account also ohne vorherige Anhörung gesperrt, ist eine solche Sperre in aller Regel unzulässig. Der Inhaber des gesperrten Social Media Accounts hat dann einen vertraglichen Anspruch auf Freischaltung seines Social Media Accounts.

Was man gegen eine unberechtigte Sperre des eigenen Social Media Accounts machen kann und welche Rechte man gegen die Plattformbetreiber hat, beschreibe ich in meinem ausführlichen Beitrag  Was tun, wenn der Social Media Account gesperrt wurde?. Dort finden Sie auch eine Übersicht über die aktuelle Rechtsprechung zu unberechtigten Sperren von Social Media Accounts. 

 

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