Umweltschutz ist schon seit langem ein gesellschaftlich relevantes Thema, das auch immer wieder in der Werbung aufgegriffen wurde. So hatte das Unternehmen Benetton schon in den 90er Jahren mit der sog. Schockwerbung auf gesellschaftliche Missstände auch und vor allem im Rahmen ihrer Werbung aufmerksam gemacht. Neben Themen, wie Kinderarbeit oder der Umgang mit dem HI-Virus, war auch das Thema Umweltschutz in der Werbung von Benetton stets präsent. Kernaussage der Schockwerbung war jedoch stets, den Finger in eine bestehende Wunde zu legen und dadurch auf diese Missstände aufmerksam zu machen.

Durch die zahlreichen Umweltschutzbewegungen und nicht zuletzt durch die Aktivitäten von Fridays For Future, kommt auch das gestiegene Bewusstsein von Verbrauchern für die dringende Notwendigkeit einer nachhaltigen Wirtschaft zum Ausdruck. Es reicht nicht mehr aus, dass sich Unternehmen für Umweltschutzprojekte engagieren. Für die Umweltschutzbewegung und auch für die Einhaltung der staatlich vereinbarten Klimaziele ist es zwingend, dass die Wirtschaft nachhaltig und klimaverträglich produziert. Wer diese Erwartungen nicht erfüllt, findet bei der kritischen Generation immer weniger Abnehmer. Es ist also naheliegend, dass Unternehmen in ihrer Werbung und sonstigen Kommunikation zunehmend darauf achten, den eigenen Beitrag zu mehr Umweltschutz hervorzuheben. Nicht immer leistet ein werbendes Unternehmen jedoch einen solchen Beitrag. Die Grenzen von zulässigen Green Claims und unzulässigem Greenwashing sind dabei fließend.

Green Claims sind Werbeaussagen, die die tatsächlich bestehende Umweltfreundlichkeit eines Produktes positiv herausstellt. Green Claims liefern wichtige Informationen, die für die Kaufentscheidung von Verbrauchern wesentlich sein können.  Greenwashing bezeichnet den Versuch von Organisationen, durch Kommunikation, Marketing und Einzelmaßnahmen ein „grünes Image“ zu erlangen, ohne entsprechende Maßnahmen im operativen Geschäft systematisch verankert zu haben. Weil die Realität hinter den werblich geschürten Erwartungen zurückbleibt, ist Greenwashing irreführend und damit unzulässig. Wer unzulässiges Greenwashing betreibt, muss nicht nur mit rechtlichen Konsequenzen rechnen. Abmahnungen von Mitbewerbern oder auch Wettbewerbs- oder Verbraucherschutzverbänden wegen Greenwashing nehmen stetig zu. Es droht aber auch ein erheblicher Imageschaden, wenn die Schönfärberei auffliegt. Schnell wird der Vorwurf laut, dem Unternehmen gehe es gerade nicht um den Umweltschutz, sondern möchte aus Profitgier das Trendthema „Umweltschutz“ mitnehmen. Nicht selten entlädt sich der Ärger dann als Shitstorm in den sozialen Netzwerken. 

Am 30. März 2022 hat die Europäische Kommission in einer Pressemitteilung neue Vorschläge vorgestellt, um nachhaltige Produkte zur Norm zu machen und Europas Ressourcenunabhängigkeit zu stärken. Der sog. Green Deal sieht darüber hinaus vor, dass durch verschiedene Maßnahmen in allen Branchen, die Europäische Union bis 2050 klimaneutral ist. Ein wesentlicher Aspekt des Green Deal ist auch die Stärkung der Rechte und Interessen der Verbraucher durch ein Mehr an Informationen. Hierzu heißt es in der Pressemitteilung unter anderem

Außerdem beinhaltet das Paket einen Vorschlag für neue Vorschriften zur Stärkung der Verbraucher beim grünen Wandel, damit sie besser über die ökologische Nachhaltigkeit von Produkten informiert und vor Grünfärberei geschützt sind.

Die Europäische Kommission hat erkannt, dass Umweltschutz auch erfordert, irreführende "Grünfärberei", also Greenwashing, zu unterbinden. Denn Unternehmen, die Ihren Umsatz dadurch steigern, dass sie Verbrauchern nur vortäuschen, nachhaltig zu produzieren, machen es Wettbewerbern schwerer, die einen enormen finanziellen Aufwand betreiben, um tatsächlich nachhaltig und klimaneutral zu produzieren. Vor diesem Hintergrund hat es sich die Europäische Kommission zur Aufgabe gemacht, verstärkt gegen irreführende Umweltwerbung vorzugehen.

Der nachfolgende Beitrag soll einen Überblick über die Anforderungen für eine zulässige Werbung mit einem Umweltbezug geben, damit sich Unternehmen nicht in einem riesigen Shitstorm wiederfinden.

Verbot der irreführenden Werbung bei Greenwashing

Da es beim Greenwashing zu einer Täuschung der angesprochenen Verbraucher kommt, handelt es sich wettbewerbsrechtlich um eine irreführende geschäftliche Handlung, die nach § 5 Abs. 1 UWG untersagt ist. Eine geschäftliche Handlung ist irreführend im Sinne von § 5 Abs. 1 S. 1 UWG, wenn das Verständnis, das sie bei den Verkehrskreisen erweckt, an die sie sich richtet, mit den tatsächlichen Verhältnissen nicht übereinstimmt. § 5 Abs. 1 S. 2 UWG enthält einen Katalog an möglichen Irreführungstatbeständen. Ein möglicher Bezugspunkt für eine Irreführung sind die wesentlichen Merkmale der Waren und Dienstleistungen, die von einem Unternehmen angeboten werden (vgl. § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 UWG). Maßgeblich für die Beurteilung, ob eine Werbemaßnahme irreführend ist, ist der Gesamteindruck, der bei den angesprochenen Verkehrskreisen hervorgerufen wird und wie der Verkehr die Werbung aufgrund dieses Gesamteindrucks versteht.

Aufgrund der zunehmenden Bedeutung des Umweltschutzes auch und gerade in der Wirtschaft, sind Umweltschutzaspekte, die einem Produkt anhaften, wesentliche Merkmale im Sinne von § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 UWG. Wer mit solchen Umweltschutzaspekten wirbt, muss dafür Sorge tragen, dass sämtliche Werbeaussagen zutreffend sind.

Anforderungen an eine Werbung mit einem Umweltbezug 

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat schon früh allgemeine Anforderungen an die Werbung mit Umweltschutzbegriffen aufgestellt (hierzu nur BGH, Urt. v. 20.10.1988 – I ZR 238/87 – „… aus Altpapier“ und BGH, Urt. v. 5.12.1996 – I ZR 140/94 – „Umweltfreundliche Reinigungsmittel“). Wie bei gesundheitsbezogener Werbung ist auch bei der Werbung mit Umweltschutzbegriffen und -zeichen ein strenger Maßstab anzulegen. Wegen der weiterhin bestehenden Unklarheiten über Bedeutung und Inhalt von Begriffen wie etwa

  • „umweltfreundlich“
  • „umweltverträglich“
  • „umweltschonend“
  • „bio“

sowie der hierauf hindeutenden Zeichen ist eine Irreführungsgefahr im Bereich der umweltbezogenen Werbung besonders groß, zumal die beworbenen Produkte zudem regelmäßig nicht insgesamt und nicht in jeder Beziehung, sondern meist nur in Teilbereichen mehr oder weniger umweltschonender sind als andere Produkte. Unter diesen Umständen besteht ein gesteigertes Aufklärungsbedürfnis der angesprochenen Verkehrskreise über die Bedeutung und den Inhalt der verwendeten Begriffe und Zeichen. An die zur Vermeidung einer Irreführung erforderlichen aufklärenden Hinweise sind daher strenge Anforderungen zu stellen, die sich im Einzelfall nach der Art des Produktes und dem Grad und Ausmaß seiner „Umweltfreundlichkeit“ bestimmen. Fehlen die danach gebotenen aufklärenden Hinweise in der Werbung oder sind sie nicht deutlich sichtbar herausgestellt, besteht in besonders hohem Maße die Gefahr, dass bei den angesprochenen Verkehrskreisen irrige Vorstellungen über die Beschaffenheit der angebotenen Waren hervorgerufen werden und sie dadurch in ihrer Kaufentscheidung beeinflusst werden.

Rechtsberatung im Bereich Umweltwerbung

Unsere Rechtsanwälte im Bereich Werbung- und Wettbewerbsrecht aus Düsseldorf unterstützen Unternehmen jeder Größenordnung in allen rechtlichen Fragen rund um eine rechtssichere Umweltwerbung. Wir beraten sowohl im Vorfeld einer Werbekampagne als auch bei der Verteidigung gegen Abmahnungen.

Unsere Leistungen im Überblick:

  • Prüfung von umweltbezogenen Werbeaussagen im Vorfeld einer Werbekampagne
  • Beratung bei der Erstellung rechtssicherer Werbemittel
  • Unterstützung bei der Abwehr von wettbewerbsrechtlichen Abmahnungen
  • Durchsetzung von wettbewerbsrechtlichen Ansprüchen gegen irreführende Umweltwerbung von Mitbewerbern

Sie möchten Ihre Werbekampagne rechtlich absichern? Gerne bringe ich Ihnen im Rahmen eines unverbindlichen Erstgesprächs die Rechtslage näher und unterstütze Sie dabei, Rechtsklarheit zu gewinnen. Kontaktieren Sie mich jederzeit für ein Kennenlerngespräch.

Greenwashing hat auch wettbewerbsrechtliche Relevanz

Irreführende Werbeaussagen mit einem Umweltbezug sind auch geeignet, den angesprochenen Verkehr zu einer geschäftlichen Entscheidung zu bewegen, die er anderenfalls nicht getroffen hätte. Denn die positiven umweltbezogenen Eigenschaften, die von Unternehmen ausgelobt werden, sind neben der Hauptfunktion des jeweiligen Produktes ein wesentliches Kaufargument für den angesprochenen Verkehrskreis (so auch das Landgericht Stuttgart, Urt. v. 10.1.2022 – 36 O 92/21). Das sog. Greenwashing stellt somit eine irreführende geschäftliche Handlung im Sinne von § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 UWG dar.

Wann also liegt konkret unzulässiges Greenwashing vor?

Wird ein Produkt als „umweltfreundlich“ beworben, obwohl es tatsächlich Schadstoffe in relevanten Mengen enthält, ist das Greenwashing und der angesprochene Verkehr wird in die Irre geführt. Unerheblich ist dabei, dass der Großteil der Bevölkerung eine Ahnung davon hat, dass es eine absolute Umweltverträglichkeit nicht gibt. Wird in der Werbung eine Umweltwirkung auch nicht auf konkrete Bereiche beschränkt, muss damit gerechnet werden, dass die Werbung eine allumfassende Umweltfreundlichkeit hervorruft, obwohl gerade das nicht den tatsächlichen Gegebenheiten entspricht.

Der Begriff „schadstofffrei“ wird von Verbrauchern dahingehend verstanden, dass das so beworbene Produkte überhaupt keine Schadstoffe enthält, also keinen einzigen Stoff, der abstrakt geeignet ist, einen Schaden beim Verbraucher oder der Umwelt hervorzurufen. Eine solche Werbeaussage ist daher schon dann irreführend, selbst wenn das Produkt Schadstoffe nur in einer ganz geringen Konzentration enthält, die zum Beispiel unterhalb gesetzlicher Grenzwerte liegt. Wer mit der Einhaltung bestimmter ökologischer Standards wirbt, muss sicherstellen, dass innerhalb der gesamten Produktions- und Lieferkette eben diese Standards eingehalten werden. Ist das nicht der Fall, so handelt es sich auch bei dieser Werbung um unzulässiges Greenwashing.

Das Gleiche gilt für die Bewerbung von Produkten mit zu „100% aus Recyclingmaterial“, wenn das Produkt diese Anforderungen gerade nicht erfüllt. Wird mit dem Claim „CO² reduziert“ wirbt, muss konkret herausstellen, welche Aspekte des Produktions- und Lieferprozesses von dieser Werbung umfasst sind. Wird das nicht erläutert, so muss der Verbraucher auf das Gesamtprodukt beziehen. Entspricht diese Verbrauchererwartung allerdings nicht der Realität, handelt es sich abermals um unzulässiges Greenwashing.

Soll mit dem Begriff „nachhaltig“ geworben werden, dürfen die Werbeaussagen nicht vage und unklar bleiben. Vielmehr muss konkret dargelegt werden, auf welchen Aspekt sich die Nachhaltigkeit bezieht. Aber nicht nur das irreführende Ausloben besonderer ökologischer Aspekte stellt unzulässiges Greenwashing dar, sondern auch das Verschweigen relevanter Tatsachen oder ein unsachlicher Werbevergleich mit einem Konkurrenten.

Aufklärende Hinweise als Lösung gegen unzulässiges Greenwashing?

Eine potentielle Irreführung kann allerdings im Einzelfall ausgeschlossen sein, wenn das Unternehmen in der Werbung selbst angibt, in welcher Beziehung die getroffenen Aussagen gelten sollen. Wie zum Beispiel der Begriff „klimaneutral“ zu verstehen ist. Allerdings ist auch und gerade bei der Aufklärung der strenge Maßstab zu berücksichtigen, nach dem umweltbezogene Werbeaussagen insgesamt zu messen sind (so auch das Landgericht Stuttgart, Urt. v. 10.1.2022 – 36 O 92/21). Der Inhalt der Aufklärung muss klar und verständlich sein. Sind die aufklärenden Hinweise für sich schon irreführend, sind sie selbstverständlich nicht geeignet, den irreführenden Eindruck der Werbeaussage zu beseitigen. Darüber hinaus muss der aufklärende Inhalt in unmittelbarer Näher zur umweltbezogenen Werbeaussage bereitgehalten werden. Nicht mehr ausreichend ist es, wenn auf einer Internetseite ein separates Dokument geöffnet werden muss. Das gleiche gilt für Informationen, die erst über einen separaten Link aufrufbar sind, der zu einer Unterseite führt, auf der die relevanten Informationen erst nach längeren herunterscrollen eingesehen werden können (Landgericht Stuttgart, Urt. v. 10.1.2022 – 36 O 92/21).

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Initiative der Wettbewerbszentrale

Aufgrund der zunehmenden Werbung mit einem Umweltbezug, insbesondere unter Verwendung des Begriffs „klimaneutral“ hat sich die Wettbewerbszentrale dazu entschieden, vermehrt gegen irreführende Werbeaussagen mit einem Umweltbezug vorzugehen. Ziel ist es zum einen, für ein Mehr an Verbraucher- und Umweltschutz zu sorgen. Zum anderen soll hierdurch eine höchstrichterliche Auslegung des Begriffs „klimaneutral“ erreicht werden. Die Wettbewerbszentrale ist der Auffassung, dass die Klimaziele nur dann realistisch erreicht werden könnten, wenn die „Klimaneutralität“ eines Produktes nicht durch den Kauf von CO²-Zertifikaten erreicht werden, weil hierdurch die eigenen Treibhausgasemissionen lediglich kompensiert würden. Die CO²-Zertifikate variierten in Preis und Qualität erheblich.

Neben der Wettbewerbszentrale gehen auch die Verbraucherzentralen vermehrt gegen irreführende Werbung mit Umweltaussagen vor. Dabei gehen diese gegen Unternehmen aus den unterschiedlichsten Branchen vor. Die FAZ berichtet beispielsweise davon, dass gegen mehrere Unternehmen der Textilbranche wegen irreführender Umweltwerbung voregangen wird.  Schon länger untersuchen die Verbraucherzentralen auch irreführende Werbung bei Finanzanlagen.

Auch die Deutsche Umwelthilfe (DUH) beschäftigt sich nun intensiv mit irreführender Umweltwerbung. Nach einem Bericht des Handelsblatts geht die DUH unter anderem gegen die Drogeriemärkte dm und Rossmann wegen angeblichem Greenwashing vor. In einer Pressemitteilung kündigt die DUH zudem an, das Thema irreführende Umweltwerbung als eigenen Arbeitsschwerpunkt aufzunehmen und künftig stärker gegen Greenwashing vorzugehen. Dort heißt es wörtlich:

Die DUH kündigte zudem an, den Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher vor irreführenden Werbeversprechen im Zusammenhang mit einer behaupteten Klimaneutralität ab sofort als neuen Arbeitsschwerpunkt der Ökologischen Marktüberwachung des Verbandes einzuführen.

Was droht bei unzulässigem Greenwashing?

Neben der Wettbewerbszentrale und den Verbraucherzentralen der einzelnen Bundesländer können auch Mitbewerber unzulässiges Greenwashing verfolgen. In der Regel erfolgt in allen Fällen zunächst eine außergerichtliche Abmahnung und der Aufforderung zur Einstellung der irreführenden Werbung und zur Abgabe einer Unterlassungserklärung mit Vertragsstrafe.

Rechtsberatung im Bereich Umweltwerbung

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Unsere Leistungen im Überblick:

  • Prüfung von umweltbezogenen Werbeaussagen im Vorfeld einer Werbekampagne
  • Beratung bei der Erstellung rechtssicherer Werbemittel
  • Unterstützung bei der Abwehr von wettbewerbsrechtlichen Abmahnungen
  • Durchsetzung von wettbewerbsrechtlichen Ansprüchen gegen irreführende Umweltwerbung von Mitbewerbern

Sie möchten Ihre Werbekampagne rechtlich absichern? Sie benötien einen Rechtsanwalt für Werberecht in Düsseldorf? Gerne bringe ich Ihnen im Rahmen eines unverbindlichen Erstgesprächs die Rechtslage näher und unterstütze Sie dabei, Rechtsklarheit zu gewinnen. Kontaktieren Sie mich jederzeit für ein Kennenlerngespräch.

Checkliste für zulässige Green Claims

Jede umweltbezogene Werbung ist anders, weil auch jedes Produkt und jede Leistung, die so beworben werden soll, anders ist. Gleichwohl sollte man im Vorfeld einer Werbekampagne mit Green Claims ein paar Fragen mit „Ja“ beantworten können, um nicht im Verdacht des unzulässigen Greenwashing zu geraten:

  • Trifft die umweltbezogene Werbeaussage objektiv zu?
  • Kann die umweltbezogene Werbeaussage im Streitfall nachgewiesen werden?
  • Ist die aufgestellte Behauptung konkret genug und für den durchschnittlichen Verbraucher zu verstehen?
  • Ist die getroffene Werbeaussage vollständig? Bezieht sich der besondere Umweltaspekt auf das gesamte Produkt oder nur auf Teile davon?
  • Wenn allgemeine Angaben (z.B. umweltfreundlich, nachhaltig etc.) gemacht werden, dann spiegelt die Angabe tatsächlich den gesamten Produktions- und Lieferprozess des Produktes wider und wird durch Nachweise gerechtfertigt?
  • Einschränkungen mit Blick auf den Umweltaspekt werden klar und transparent dargelegt?
  • Relevante Informationen, die Verbraucher für eine fundierte Kaufentscheidung benötigen werden nicht zurückgehalten?

Update: EU Kommission legt einen Richtlinienvorschlag für Umweltwerbung vor

Am 30. März 2022 hat die Europäische Kommission einen Vorschlag für eine Richtlinie zur Änderung der Richtlinien 2005/29/EG und 2011/83/EU hinsichtlich der Stärkung der Verbraucher für den ökologischen Wandel durch besseren Schutz gegen unlautere Praktiken und bessere Informationen veröffentlicht. Mit dieser Richtlinie soll unter anderem die Werbung mit Umweltaussagen stärker reguliert werden. Die Verwendung bestimmter umweltbezogener Begriffe sollen danach immer dann unzulässig sein, wenn das werbende Unternehmen nicht einen eine überragende Umweltleistung nachgewiesen werden kann. So heißt es in Erwägungsgrund 9 hierzu ausdrücklich:

Anhang I der Richtlinie 2005/29/EG sollte dahingehend geändert werden, dass allgemeine Umweltaussagen ohne eine anerkannte hervorragende Umweltleistung, auf die sich die Aussage bezieht, verboten werden. Beispiele solcher allgemeiner Umweltaussagen sind: „umweltfreundlich“, „umweltschonend“, „öko“, „grün“, „naturfreundlich“, „ökologisch“, „umweltgerecht“, „klimafreundlich“, „umweltverträglich“, „CO2-freundlich“, „CO2-neutral“, „CO2-positiv“, „klimaneutral“, „energieeffizient“ „biologisch abbaubar“, „biobasiert“ oder ähnliche Aussagen sowie weiter gefasste Aussagen wie „bewusst“ oder „verantwortungsbewusst“, mit denen eine hervorragende Umweltleistung suggeriert wird oder die diesen Eindruck entstehen lassen. Diese allgemeinen Umweltaussagen sollten verboten werden, wenn keine hervorragende Umweltleistung nachgewiesen wird oder wenn die Spezifizierung der Aussage nicht auf demselben Medium klar und in hervorgehobener Weise angegeben ist, beispielsweise im selben Fernseh- oder Radiowerbespot, auf der Produktverpackung oder der Online-Verkaufsoberfläche. Zum Beispiel wäre die auf ein Produkt bezogene Aussage „biologisch abbaubar“ eine allgemeine Aussage, während die Aussage „die Verpackung ist im Falle der Eigenkompostierung innerhalb eines Monats biologisch abbaubar“ eine spezifische Aussage ist, die nicht unter dieses Verbot fällt. 

Ausgewählte Entscheidung zu Green Claims und Greenwashing

Landgericht Kiel hält „KLIMA-NEUTRAL“ für irreführend

Das Landgericht Kiel (02.07.2021 - 14 HKO 99/20)hat eine Werbung mit klimaneutral als irreführend eingestuft, wenn das werbende Unternehmen durch die Art der Werbung den falschen Eindruck erweckt, die Herstellung sämtlicher Produkte des Unternehmens erfolge klimaneutral. Hierdurch erstreckt sich die Werbung mit klimaneutral für den angesprochenen Verbraucher auf das gesamte Unternehmen und nicht nur auf ein konkretes Produkt. Stellt das Unternehmen aber neben den klimaneutralen Produkten auch solche Produkte her, die gerade nicht klimaneutral hergestellt, ist der entstandene Eindruck beim Verbraucher falsch und auch geeignet, diesen zu einer geschäftlichen Entscheidung zu bewegen, die er anderenfalls nicht getroffen hätte.

Das Landgericht hat zwar anerkannt, dass allgemein bekannt sei, dass klimaneutral nicht mit emissionsfreu gleichzusetzen sei. Gleichwohl lasse sich eine Klimaneutralität mit unterschiedlichen Mitteln erreichen. Daher sei es für die Entscheidung des Verbrauchers wesentlich, dass er beim Kauf unproblematisch Informationen darüber erhalten kann, auf welche Weise die Klimaneutralität erreicht werden solle. Nur so sei er gegebenenfalls in der Lage, zu entscheiden, ob er die ergriffenen Maßnahmen für unterstützenswert hält und ob sie überhaupt plausibel seien. Der bloße Hinweis auf die Unterstützung von Gold Standard zertifizierten Klimaschutzprojekten sei dafür nicht ausreichend.

Auf der Verpackung müssten Hinweise zur Website oder ein QR-Code angebracht sein, über die man leicht zur Website gelangen können, auf welcher dann die entsprechenden weitergehenden Informationen zum Schlagwort „klimaneutral“ für den Verbraucher vorgehalten werden. Es ist nicht ausreichend, wenn weitergehende Informationen zu den unterstützen Klimaschutzprojekten erst auf einer Unterseite aufzufinden sind, auf die der Verbraucher nicht in unmittelbarer Nähe zu der blickfangmäßigen Werbung hingewiesen wird. Das genüge dem Erfordernis einer einfachen Informationsmöglichkeit des Verbrauchers nicht.

Quelle: Landgericht Kiel, Urt. v. 2.7.2021 – 14 HKO 99/20 – „KLIMA-NEUTRAL“

+++ Update vom 5.7.2022 nach Berufungsverfahren+++

Auf die Berufung der Beklagten hat das OLG Schleswig-Holstein mit Urteil vom 30.6.2022 - 6 U 46/21 überraschenderweise das Urteil des LG Kiel aufgehoben und die Klage insgesamt abgewiesen. Der Senat hat zunächst festgestellt, dass für eine Werbung mit Umweltschutzbegriffen und -zeichen ein strenger Maßstab gilt, ähnliche wie für Gesundheitswerbung. Die beworbene Umweltverträglichkeit einer Ware habe mittlerweile großen Einfluss auf das Kaufverhalten, zugleich seien die hierbei verwendeten Begriffe - wie etwa umweltfreundlich, umweltverträglich, umweltschonend oder bio - vielfach unklar. Deshalb bestünde ein gesteigertes Aufklärungsbedürfnis des angesprochenen Verkehrskreises über Bedeutung und Inhalt der verwendeten Begriffe. An die zur Vermeidung einer Irreführung erforderlichen aufklärenden Hinweise seien grundsätzlich strenge Anforderungen zu stellen. Fehlten die gebotenen aufklärenden Hinweise in der Werbung oder sind sie nicht deutlich sichtbar herausgestellt, bestünde im besonders hohen Maß die Gefahr einer kaufentscheidenden Täuschung der Verbraucher. Insoweit bleibt auch das OLG Schleswig-Holstein bei dem grundsätzlich strengen Maßstab bei der Bewertung von umweltbezogener Werbung. 

"Bei einer blickfangmäßigen Werbung mit der Umweltfreundlichkeit eines Erzeugnisses muss wegen der unterschiedlichen damit verbundenen Vorstellungen und Erwartungen darüber aufgeklärt werden, woraus sich die Umweltfreundlichkeit ergeben soll. (...) Jede einzelne zur Umweltfreundlichkeit getroffene Aussage muss erkennen lassen, welcher Umweltvorzug herausgestellt werden soll, um die Gefahr einer Irreführung durch die Verwendung des unscharfen Begriffs der Umweltfreundlichkeit auszuschließen. Mehr allerdings, auch dies ist zu beachten, verlangen die §§ 3, 5 UWG nicht. Sie enthalten ein Irreführungsverbot, begründen aber kein Informationsgebot."

 Der Senat sieht trotz dieser grundsätzlich strengen Maßtstäbe bei der Werbung mit "klimaneutral" nicht per se die Gefahr einer Irreführung. Er hält alsi die Werbung mit dem Begriff "klimaneutral" schon für sich betrachtet - also ohne aufklärende Hinweise - nicht zwangsläufig für irrefphrend, denn anders als der unscharfe Begriff der Umweltfreundlichkeit enthält der der Klimafreundlichkeit eine klare und auf ihren Wahrheitsgehalt überprüfbare Aussage. Nach der DIN EN ISO 14021 sei der Begriff CO2-neutral so bestimmt, dass er sich auf ein Produkt beziehe, bei dem der Carboon Footprint null oder ausgeglichen sei. Der Begriff umfasse also beides, entscheidend für die "Neutralität" sei die Bilanz unter erlaubter Berücksichtigung von Kompensationsmaßnahmen. 

"Für die Angabe "klimaneutral" auf den Müllbeuteln folgt daraus, dass sie dem Verbraucher zwar eine Produktion mit ausgeglichener CO2-Bilanz verspricht. Insoweit weckt sie eine klare Erwartung. Sie lässt aber offen, in welcher Weise dies geschieht. Es ist schon zweifelhaft, dass ein erheblicher Teil der verständigen Verbraucher dem Irrtum unterliegen könnten, dass Müllbeutel wie die beworbenen könnten ohne jeden CO2-Ausstoß hergestellt werden könnte. [...] Doch auch wenn der Verbraucher eine emissionsfreie Herstellung für grundsätzlich möglich hielte, kann er der schlichten Angabe der Klimaneutralität nicht entnehmen, dass dies hier gelungen ist. Er kann ihr nur das Versprechen einer - wie auch immer - ausgeglichenen Emissionsbilanz entnehmen. Gerade deshalb fehlt es hier an einer Irreführung. Irreführung setzt das Hervorrufen einer Fehlvorstellung voraus. Der Begriff der Klimaneutralität erweckt aber keine Fehlvorstellung über die Art und Weise, wie die ausgeglichene Klimabilanz erreicht wird, sondern beinhaltet nur die Zusage eines entsprechenden Ergebnisses."

Mit diesen Feststellungen weicht das OLG Schleswig-Holstein im Ergebnis von der bisherigen aktuellen Rechtsprechung zum Begriff "klimaneutral" ab, setzt sich in der Folge allerdings mit den bislang veröffentlichten Entscheidungen auseinander. Es erläutert, warum diese Entscheidungen den getroffenen Feststellungen nicht entgegen stehen würden. Nicht auseinandergesetzt hat sich der Senat allerdings zum Beispiel mit den Ausführungen in den Leitlinien zur Auslegung und Anwendung der UGP-RL unter Ziffer 4.1 "Nachhaltigkeit". So führen diese Leitlinien unter Ziffer 4.1.1.3 "Anwendung von Artikel 6 UGPRL auf Behauptungen zum Umweltschutz" unter anderem aus:

"Behauptungen zum Umweltschutz sind wahrscheinlich irreführend, wenn sie auf ungenaue und allgemeine Aussagen zum Umweltnutzen beruhen, ohne dass dieser Nutzen angemessen belegt wird und ohne Angabe des einschlägigen Merkmals des Produkts, auf den sich die Angabe bezieht. Beispiele für solche Behauptungen sind "umweltfreundlich", "umweltschonend", "Öko", "grün", "naturfreundlich", "ökologisch", "umweltgerecht", "klimafreundlich" (...), "klimaneutral", (...), "CO2-neutral", (...).

Solche nicht belegten Behauptungen können Verbraucher jedoch in manchen Fällen den Eindruck vermitteln, dass ein Produkt oder die Tätigkeit eines Gewerbetreibenden keine negativen Auswirkungen bzw. ausschließlich positive Auswirkungen auf die Umwelt hat."

Die Leitlinien machen nicht diese Unterscheidung, wie es das OLG Schleswig-Holstein vorgenommen hat. Der Begriff "klimaneutral" wird hier, wie der Begriff "umweltfreundlich" als eine ungenaue und allgemeine Aussage zum Umweltschutz verstanden. Entsprechend hat auch die EU-Kommission in ihrem Vorschlag zur Änderung der UGP-RL in Erwägungsgrund 9 unter anderem folgendes vorgesehen:

"Anhang I der Richtlinie 2005/29/EG sollte dahingehend geändert werden, dass allgemeine Umweltaussagen ohne eine anerkannte hervorragende Umweltleistung, auf die sich die Aussage bezueht, verboten werden. Beispiele solcher allgemeiner Umweltaussagen sind: umweltfreundlich, umweltschonend, öko, grün (...) klimafreundlich, (...) klimaneutral, (...) CO2-neutral (...). Diese allgemeinen Umweltaussagen sollten verboten werden, wenn keine hervorragenden Umweltleistung nachgewiesen wird oder wenn die Spezifizierung der Aussage nicht auf demselben Medium klar und in hervorgehobener Weise angegeben ist (...)."

Der Vorschlag sieht also vor, dass die Bewerbung mit einer allgemeinen Umweltaussage, wie zum Beispiel mit "klimaneutral", per se verboten ist, wenn die dahinter stehende bzw. beworbene anerkannte hervorragende Umweltleistung nicht nachgewiesen werden kann. Diese Frage musste das OLG Schleswig-Holstein im konkreten Fall allerdings nicht entscheiden, wie sich aus Randziffer 13 ergibt:

"Streitgegenständlich ist somit das Verbot, Müllbeutel mit der Angabe "klimaneutral" zu bewerben, ohne dass dem nährere Erläuterungen beigefügt sind. Nicht streitgegenständlich ist hingegen die Behauptung des Klägers, dass das Produkt tatsächlich nicht klimaneutral hergestellt sei. (...)."

 Angesichts der Bedeutung der Frage, wann und wie mit dem Begriff "klimaneutral" geworben werden kann, ist zu hoffen, dass in diesem Fall der BGH zur Entscheidung angerufen wird. 

Landgericht Mönchengladbach verbietet den Claim "klimaneutral"

Auch das Landgericht Mönchengladbach (Urt. v. 25.2.2022 - 8 O 17/21) hat in einer Entscheidung festgestellt, dass der Claim "klimaneutral" bzw "Klimaneutrales Produkt" irreführend im Sinne von § 5 S. 2 Nr. 1 UWG ist. Wird ein Produkt ohne weitere Angaben als klimaneutral beworben, geht der angesprochene Verkehr davon aus, dass dieses Produkt auch tatsächlich klimaneutral hergestellt wurde. Aus Sicht der Kammer verstehe der angesprochene Verkehr die Angaben nicht so, dass das während der Herstellung des Produktes anfallende CO2 durch nachträglich Maßnahmen (z.B. Kauf von Zertifikaten) kompensiert wird und damit bilanziell eine Klimaneutralität erreicht würde. Die Kammer erkennt an, dass das Konzept der Klimaneutralität durch nachträgliche Kompensation bekannt sein dürfte. Hierauf könne sich ein Unternehmen aber nicht berufen, wenn die konkrete Formulierung der Werbeaussage beim angesprochenen Verkehr jedoch gerade nicht den Eindruck hinterlassen kann, dass die Klimaneutralität durch eine nachträgliche Kompensation hergestellt würde. Ist die konkrete Werbeaussage ohne weitere Angaben produktbezogen, bezieht der angesprochene Verkehr auch den Hinweis auf eine Klimaneutralität nur auf das Produkt und damit auf den konkreten Herstellungsprozess. 

Das gilt erst recht bei Produkten, die vom Verbraucher nicht zuvor eingehend analysiert werden, was bei alltäglichen Produkten, wie hier eine Marmelade, gerade nicht geschieht. Die Verkaufssituation sei bei Marmeladengläsern auf schnelle Verkaufsbotschaften und schnelle Entscheidungen gerichtet. Der Verbraucher solle ohne langes Nachdenken entscheiden, welches Marmeladenglas er aus dem Regal nimmt. In dieser Situation mache es aus Sicht des Unternehmens Sinn, eine Eigenschaft des Produktes, mit welcher sich dieses von anderen Produkten abhebt, schlagwortartig und blickfangmäßig herauszustellen. Solche Werbeaussagen beziehen sich daher regelmäßig nur auf das Produkt. Ein anderer Bezug der Werbeaussage im Sinne einer kompensatorischen Betrachtung würde ein längeres Nachdenken des Verbrauchers voraussetzen, was in dieser konkreten Situation von dem maßgeblichen Durchschnittsverbraucher nicht zu erwarten sei. Wird in so einer Situation schlagwortartig das Produkt als klimaneutral angepriesen, bezieht der Verbraucher diese Werbung ausschließlich auf das Produkt selbst. 

Quelle: Landgericht Mönchengladbach, Urt. v. 25.2.2022 - 8 O 17/21 

Landgericht Oldenburg hält "klimaneutral" ohne Aufklärung für irreführend

Mit seinem Urteil vom 16. Dezember 2021 hat das Landgericht Oldenburg (Urt. v. 16.12.2021 - 15 O 1469/21) einem Unternehmen untersagt, seine Wurstprodukte mit dem Begriff "klimaneutral" zu bewerben, wenn nicht zugleich darauf hingewiesen wird, worauf sich die ausgelobte Klimaneutralität der Produkte bezieht. Das Landgericht hatte dabei zunächst festgestellt, dass umweltbezogene Werbeaussagen, also Green Claims, grundsätzlich zuässig seien, da die sowohl den Interessen der Verbrauchern an Information sowie der Förderung des Umweltschutzes dienen. Aufgrund der emotionalen Werbekraft von Green Claims und wegen des im Hinblick auf die Komplexität von Fragen des Umweltschutzes meist nur geringen sachlichen Wissenstandes des Publikums über die naturwissenschaftlichen Zusammenhänge und Wechselwirkungen in diesem Bereich, unterliege eine solche umweltbezogene Werbung allerdings strengen Anforderungen und vor allem weitgehenden Aufklärungspflichten. Das Landgericht Oldenburg orientiert sich hier also ebenfalls an den strengen Maßstäben des BGH zu umweltbezogener Werbung

Die streitgegenständliche Werbung genügte diesen Anforderungen nicht, denn das beklagte Unternehmen verwendete den Begriff "klimaneutral" in einer Weise, die beim angesprochenen Verkehr den falschen Eindruck erwecken ließ, dass die so beworbenen Fleischprodukte klimaneutral hergestellt werden oder der CO2-Ausstoß nachträglich auf andere Weise kompensiert wird. Auch das Landgericht Oldenburg ist der Auffassung, dass mein bei einer solchen Werbung keineswegs davon ausgehen könne, dass der durchschnittliche Verbraucher den Begriff "klimaneutral" in jedem Fall und ausschließlich im Sinne einer (durch Kompensation oder Erwerb von CO2-Zertifikaten) ausgeglichenen CO2-Bilanz verstehe. Vor diesem Hintergrund hätte in der Webung des beklagten Unternehmens als wesentliche Information mitgeteilt werden müssen, dass das beklagte Unternehmen die behauptete "Klimaneutralität" im Sinne der Kompensation durch Spenden zugunsten von Klimaschutzprojekten erreichen will. Es sei nach der Kammer auch nicht ausreichend, wenn an anderer Stelle, bspw. auf der Internetseite, auf diesen Umstand hingewiesen wird. Besteht an der Werbung ausreichend Platz für einen klarstellenden Hinweis, ist es dem Unternehmen zumutbar, an geeigneter Stelle in der Werbung einen klarstellenden Hinweis wie zum Beispiel "Kompensation durch Unterstützung von internationalen Klimaschutzprojekten" aufzunehmen. 

Quelle: Landgericht Oldenburg, Urt. v. 16.12.2021 - 15 O 1469/21

OLG Hamm erkennt auf unzulässiges Greenwashing

Das OLG Hamm hat in einer Entscheidung vom 19. August 2021 (4 U 57/21) einem Unternehmen die Verwendung der Claims "CO2 Reduziert", "Umweltfreundliche Produkte und nachhaltige Verpackung" sowie "Unser Beitrag zum Thema Nachhaltigkeit" untersagt.  Das werbende Unternehmen hatte diese pauschalen Aussagen im Rahmen seiner Werbung getroffen, ohne diese in irgend einer Art und Weise zu erklären. Bei der Bewertung dieser Green Claims legte das OLG Hamm den strengen Maßstab an, den bereits der BGH (Urt. v. 20.10.1988 - I ZR 238/87) an die Zulässigkeit von Werbung mit Umweltschutzbegriffen gelegt hatte.  Der Senat stellte hierzu fest:

Diesen Anforderungen genügt die beanstandete Werbung der Verfügungsbeklagten ersichtlich nicht. Die Werbeaussagen "CO2 Reduziert", "Umweltfreundliche Produkte und nachhaltige Verpackungen", "Unser Beitrag zum Thema Nachhaltigkeit" lassen in ihrer Allgemeinheit vollkommen offen, in Bezug auf welchen konkreten Aspekt des Produktionsprozesses, der Verpackung und des Vertriebs eine Umweltfreundlichkeit bzw. eine CO2-Reduktion in Relation zu welchem Standard konkret vorliegen soll und in welcher Hinsicht die verwendeten Verpackungen besonders nachhaltig sein sollen.

Quelle: Oberlandesgericht Hamm, Urt. v. 19.08.2021 - 4 U 57/21

Landgericht Stuttgart sieht Greenwashing bei der Werbung für ein Finanzprodukt

In einem von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg geführten Verfahren hat das Landgericht Stuttgart einem Finansinstitut die Werbung mit einer positiven ökologischen Wirkung der beworbenen Finanzprodukte untersagt, wenn dies nicht durch einem aufklärenden Hinweis begleitet wird. Das betrifft vor allem die Claims "CO2-Ausgleich" und "persönlicher CO2-Abdruck". In beiden Fällen bedarf es einer Erläuterung, worauf sich diese Aussage bezieht, wie sich beispielsweise der CO2-Ausgleich ergibt oder errechnet. Das Landgericht Stuttgart führt hierzu unter anderem aus:

Nach diesen Grundsätzen ist die Angabe einer absoluten CO2-Reduktion von 3,5t bzw. eines CO2-Ausgleiches von -3,5t eine zur Täuschung geeignete Angabe im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UWG, da die angesprochenen Verkehrskreise diese Angaben als fixe Werte begreifen, die jedenfalls nicht unterschritten werden, obwohl es sich hierbei tatsächlich um Zielwerte handelt, die auch erheblich unterschritten werden können. Dies folgt bereits aus der Darstellung. Dem persönlichen CO2-Fußabdruck wird ein unbedingter und in der Höhe konkreter Wert an CO2-Reduktion gegenübergestellt. Auch der CO2-Ausgleich wird mit einem ohne Einschränkungen versehenen mathematischen Wert von „-3,5t“ (pro 10.000 € Anlagesumme) angegeben. Einschränkungen in Form von „ca.“, „ungefähr“ o.Ä. finden nicht statt. Das Verständnis der angesprochenen Verkehrskreise, dass es sich bei den Werten um unbedingt einzuhaltende Werte handelt, wird durch die zur Veranschaulichung gemachten Beispiele noch untermauert. Die Angaben „Ihr Investment versorgt 2,3 Haushalte mit sauberem Grünstrom.“, „Das Volumen Ihres CO2-Ausgleichs entspricht 0,4 Heißluftballons.“ und „Ihre ausgeglichene Menge CO2 entspricht der CO2-Bindung von 0,9 Fußballfeldern Buchenwald.“ suggerieren ebenfalls einen starren Wert, dem klare bildhafte Vergleichsgrößen gegenübergestellt werden. Die angesprochenen Verkehrskreise verstehen diese Angaben jedenfalls in der Gesamtschau nur im Sinne von absoluten und jedenfalls nach unten fixen Werte für die CO2-Reduktion 36 O 92/21 KfH - 13 - bzw. den CO2-Ausgleich. Da diese Werte aber unstreitig nur Zielvorgaben sind, die auch erheblich unterschritten werden können, liegen zur Täuschung geeignete Angaben vor.

Werden aufklärende Hinweise gemacht, die sich allerdings nicht in unmittelbarer Nähe zu der umweltbezogenen Werbeaussage befinden, reicht das nicht aus, um eine Irreführung auszuschließen. Die strengen Anforderungen bei Green Claims erfordern nicht nur klare Werbeaussagen, sondern auch leicht zugängliche weiterführende Hinweise zu den umweltbezogenen Werbeaussagen. 

Irreführende Umweltwerbung sind nach der Kammer auch Angaben, die nach § 5 Abs. 1 S. 1 UWG zur Täuschung geeignet sind. Bei der beworbenen CO2-Vermeidung handelt es sich um ein wesentliches Merkmal der beworbenen Geldanlage, das neben der in Aussicht gestellten Rendite das Hauptanlageargument darstellt. 

Quelle: Landgericht Stuttgart, Urt. v. 31.1.2022 - 36 O 92/21 KfH

Landgericht Kleve verneint Greenwashing bei Werbung mit "klimaneutral"

Ausführliche Besprechung des Urteils hier -> Landgericht Kleve sieht kein Greenwashing bei der Werbung mit "klimaneutral"

 Quelle: Landgericht Kleve, Urt. 22.6.2022 - 8 O 44/21

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